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Interview mit Frau Prof. Dr. Dr. Andrea Rögner, Program Leader des Doctor of Business Administration

Geschrieben von von Mario Lemberger | 10. August 2017

 

 

Frau Prof. Rögner, Sie sind Program Leader im DBA Studium in Kooperation mit der Middlesex University. Welche Kriterien müssen erfüllt sein, um überhaupt ein Doktoratsstudium beginnen zu können?

 

Grundsätzlich legen die Universitäten fest, welche Zugangsvoraussetzungen es für den sogenannten 3. Zyklus gibt. Manche schreiben Bachelor vor, manche konsekutiver Master, manche 300 ECTS. Im Endeffekt halten die Universitäten dies in ihrer Promotionsordnung fest und daher sind die Zugangsvoraussetzungen recht unterschiedlich. Bei der Middlesex University sind es 300 ECTS. Dann wird formal davon ausgegangen, dass der Studierende über ausreichend „Hochschulerfahrung“ verfügt, um sich einer Dissertation zu stellen. Formal würde jemand also zugelassen werden, wenn die 300 ECTS oder eine Äquivalenz zu 300 ECTS besteht, denn frühere Abschlüsse weisen noch keine ECTS aus. Es ist daher empfehlenswert, die Unterlagen wie CV und Zeugnisse zu senden, so dass eine kostenfreie Einschätzung der ECTS erfolgen kann.

 

Neben der formalen Zulassung gibt es darüber hinaus aber noch die persönlichen Voraussetzungen. Aufgrund der Vielzahl der Bewerbungen können wir leider nicht jedem, der 300 ECTS nachweisen kann, auch einen Studienplatz garantieren. Wichtig ist hierbei vor allem, dass es sich um ein familien- und berufsbegleitendes Studium handelt. Dies bedeutet, dass der Studierende aufgrund seiner persönlichen Lage keine Chance hat, in einem Vollzeitdoktorat an einer Universität zu studieren. Genau für diese Personen, für die das Doktorat eine Chance zur Weiterentwicklung ist, die aufgrund ihrer persönlichen Lage nicht die Möglichkeit eines Vollzeitstudiums haben, ist dieses Programm gedacht. Ob die Studierenden zu einem Doktorat geeignet sind, zeigt sich im persönlichen, virtuellen Gespräch und dem Motivationsschreiben sowie dem CV. Diese Unterlagen gehen in die Zulassungskommission. Dort wird die Aufnahme geprüft und eine Empfehlung abgegeben. Aufgrund dessen haben wir eine geringe „Ausfallsquote“ in diesem Programm.

 

Wie kann man sich ein Doktorats- Fernstudium vorstellen? Welche Begleitung gibt es für die Doktoranden?

 

Im Endeffekt sind die meisten, auf dem Markt angebotenen Doktoratsprogramme Fernstudienprogramme. Sie unterscheiden sich hauptsächlich in den folgenden Punkten:

  • Präsenz
  • Advisor-Auswahl
  • Sprache

Einige Programme haben versteckte Kosten, so dass der Studierenden noch Aufenthalte an der Universität zu bezahlen hat, die im Ausland sitzt. Das bedeutet es kommen Reiskosten hinzu sowie Zeit, die vor Ort investiert werden muss. Meist sind dies dann auch noch Massenveranstaltungen an vorgegebenen Terminen, so dass ein individuelles Lernen kaum ermöglicht ist. In diesem Fernstudium finden die Veranstaltungen virtuell statt, denn Fernstudium heißt nicht weniger Betreuung, ganz im Gegenteil. Die Betreuung ist intensiver und falls zusätzliche Veranstaltungen oder Fachvorlesungen gewünscht sind, können diese separat besucht werden. Meistens ist es aber die Unsicherheit und das wissenschaftliche Arbeiten, dass viele Studierende beschäftigt. Dazu gibt es virtuelle Veranstaltungen und zudem Gespräche mit dem Advisor, das ist in anderen Programmen so selten, denn da wird meist ein Advisor von der Universität zugeteilt und man kann Pech oder Glück haben. Die Advisor haben an der Universität nicht selten mehr als 30 Doktoranden. Selbstverständlich muss die Universität die Advisor akkreditieren. Mit dem Advisor und dessen Auswahl ist ein wesentliches Kriterium in der Auswahl des Doktorates gegeben und nicht zu unterschätzen, schließlich muss der Doktorand mit dieser Person mindestens 3 Jahre zusammenarbeiten. Dabei ist die Sprache ebenso wesentlich. Einige weitere Programme versprechen deutsche Sprache und dann sind Teile, wie mündliche Prüfungen oder die Dissertationsschrift doch in englischer Sprache. Ich kann nur immer wieder betonen, es besteht ein wesentlicher Unterschied darin, Englisch zu kommunizieren und wissenschaftliche Arbeiten in Englisch zu schreiben, gerade auf Doktoratsniveau.

 

Als Program Leader besteht Ihre konkrete Aufgabe worin?

 

Meine Aufgabe besteht in erster Linie darin, die Studierenden und Advisor im Dissertationsprozess zu unterstützen und das Programm immer weiter zu verbessern. Ein Dissertationsprozess ist auch ein Leidensprozess und mindestens einmal kommt ein Studierender an den Punkt, in dem er sich fragt, ob die Entscheidung für eine Dissertation die richtige war. Dann heißt es durchhalten, vielleicht auch einmal die Dissertation zur Seite zu legen – das Gefühl es aber dann geschafft zu haben, durchzuhalten, etwas Neues zu schaffen ist unbeschreiblich. So wird es mir von allen Studierenden bisher bestätigt. Mit einer Dissertation erwerben die Studierenden nicht nur den Titel DBA bzw. Dr. sondern ebenso Fachwissen, sie werden zu gefragten Experten und reifen an der Leistung. Diesen Weg zu ebnen und grundsätzliche Themen, wie neue Regelwerke oder Leitfäden zu entwickeln, gehören ebenso zu meinen Aufgaben. Beispielsweise haben wir eine „Anleitung“, einen Leitfaden entwickelt, wie man eine Dissertation schreibt, denn für viele ist es die erste Dissertation. Darin enthalten sind Kapitel und Checklisten zu diesen Kapiteln. Diese Hilfestellungen erleichtern das Arbeiten und die Dissertanten werden an die Hand genommen durch Vorlagen, Beispiele und letztlich durch den Advisor, der sie unterstützt. Ich bin auf jeden Studierenden stolz, der den Titel verliehen bekommt und es ist wunderschön, diese Studierenden dann bei der Abschlussfeier zu „entlassen“.

 

Wenn ich das bestehende Programm mit anderen Programmen vergleiche, kann ich die hohe Bewerberanzahl sehr gut nachvollziehen, schließlich sind es die Feinheiten, die mich in diesem Programm überzeugen und das sind Betreuung, Service, deutsche Sprache und die Advisor.

 

Sie haben selbst zwei Doktorate, haben Sie selbst Erfahrung mit berufsbegleitenden Studien?

 

Der Punkt, den viele nachvollziehen können ist der, dass es schwer ist, ein geeignetes Programm zu finden. Vor allem deshalb, weil es viele „schwarze Schafe“ auf dem Markt gibt und ich nicht selten bereits Studierenden im Gespräch sagen musste, dass die vorliegenden Abschlüsse, obwohl beispielsweise „Master“ draufsteht, kein Hochschul-Master ist, obwohl sie vielleicht mehrere Zehntausend EUR oder CHF bereits investiert haben. Das sind keine schönen Momente. Es gilt daher zu prüfen, ob es sich um eine anerkannte Universität handelt, die den Titel vergibt. Bei der Middlesex University ist das der Fall. Mit über 20.000 Studierenden vor Ort und einer ausgezeichneten Reputation war sie mein Wunschkandidat. Leider gab es dieses Programm zu meiner Dissertationszeit nicht und umso glücklicher bin ich darüber, dass wir hier ein Programm geschaffen haben, das genau meinen damaligen Wunschvorstellungen entspricht.

 

Mein Doktorat sowie meine Habilitation habe ich nebenberuflich erstellt. Beide unabhängig vom Unternehmen, in dem ich zu 100% angestellt war. Es ist möglich! Allerdings braucht es eine Familie, die dahinter steht und Selbstdisziplin sowie Organisation. Es wäre gelogen, wenn ich sagen würde, es ist immer einfach aber rückwirkend kann ich sagen, dass es sich gelohnt hat und ich es wieder tun würde. Ein Dissertationsvorhaben ist demnach keine Einzelentscheidung, sondern muss vom Umfeld mitgetragen werden. Dabei hatte ich Wochen, in denen ich viel an der Dissertation gearbeitet habe und auch Wochen, in denen ich nicht an der Dissertation gearbeitet habe. Der Aufwand ist dabei unterschiedlich, je nachdem an welchem Teil oder Phase man sich befindet. Formal ist der Aufwand leicht berechnet: Eine Dissertation beinhaltet 180 ECTS. Gemäß den Vorgaben nach Bologna und anschließenden sowie resultierenden Konventionen bedeutet das, 180 x 25 Stunden Aufwand = 4.500 Stunden, in denen alles beinhaltet ist. Jeder weiß aber aus Erfahrung, dass auch dies unterschiedlich sein wird. Denn wenn z.B. Daten innerhalb des Unternehmens generiert werden können oder man sich bereits schon länger mit dem Thema befasst, diese Vorgaben auch unterschritten werden oder sich bei komplett neuen und fachfremden Themen auch verlängern können. Der Aufwand kann durch das Thema gelenkt werden und die erste Dissertation ist schwieriger als die zweite.